Angst
Wenn unser Leben uns sensibel gemacht hat, können tägliche Herausforderungen schon Angst auslösen. Wenn wir viele Möglichkeiten hatten, um zu lernen, effektiv mit Stress umzugehen und wir resilient sind, können wir auch unter größerem Stress noch ausgeglichen bleiben.
*) ausgeglichen bedeutet ansprechbar, responsiv und emotional engagiert sein i.G.z. dissoziiert
Abbildung aus „Was ist dein Schmerz? Gespräche über Trauma, seelische Verletzungen und Heilung“ Bruce D. Perry, M.D., Ph.D. and Oprah Winfrey - Original: „What Happened To You? Conversations On Trauma, Resilience, And Healing“
Wir können auf Stress reagieren mit …
- Aktivierung, wir unterregulieren Gefühle, werden aufmerksamer, wacher und können schneller reagieren.
- Dissoziieren, wir überregulieren und vermeiden Gefühle, ziehen uns in unsere Gedankenwelt zurück und fühlen uns betäubt.
Siehe auch „Hyperaktivieren“ und „Hypoaktivieren“ auf Seite Schutzmechanismus, Selbschutz.
Aktivierung Kampf / Flucht
Wir können auf Stress reagieren mit …
Sowohl Aktivierung als auch Dissoziation zeigen sich in einem Spektrum von Verhaltensweisen und Symptomen und sind an sich nicht negativ. Jede*r Mensch ist manchmal aktiviert oder dissoziiert. Denke daran, wie du dich fühlst, wenn du zum Beispiel eine Nachricht von der Liebe deines Lebens erhältst oder wenn du von deiner großen Liebe tagträumst.
Die effektivste Methode, um aus der Aktivierung oder Dissoziation herauszukommen, ist Koregulation–
das heißt, eine andere Person zu haben, die uns mit unseren Gefühlen nicht alleine lässt.
Dissoziieren Erstarrung
Wenn wir ein Entwicklungstrauma erlebt haben, sind wir sensibel. Wir lieben den anderen, der genauso sensibel ist wie wir und doch auf seine eigene Weise anders. Bei Angst bleiben uns oft nur zwei Möglichkeiten: Kampf/Flucht oder Erstarren. Diese „doch so anders“ zeigt sich bei Beziehungsangst also meist in zwei Formen: Kampf/Flucht oder Erstarren.
Das Wunderbare ist, dass wir durch Fallen und Aufstehen lernen können, füreinander ein sicherer Rückzugsort zu sein. Statt im Kampf/Flucht oder Erstarren zu verharren, trauen wir uns, verletzlich und weich zu sein und aufeinander eingestimmt zu reagieren. So finden wir in unserem Schmerz endlich einen sicheren Hafen.
- Stress, der lange anhält und unvorhersehbar und extrem ist, kann uns sensibel machen.
- Stress, der uns kontrollierbar erscheint, vorhersehbar und überschaubar ist, hilft uns Resilienz aufzubauen.
- Eine Beziehung als „sicheren Rückzugsort“ macht uns resilienter.
Wir fühlen uns vertraut und zu Hause mit Menschen, die ähnlich resilient / sensibel sind. In der Liebe wählen wir außerdem gerne jemanden, mit einer gegensätzlichen Art, um mit Stress umzugehen: Ein Partner tendiert mehr zu Aktivierung und der andere mehr zu Dissoziieren. Die Kombi macht Sinn, weil es für uns als Paar stabiler ist, mit unterschiedlichen Strategien auf stressvolle Situationen reagieren zu können.
Die Herausforderung ist allerdings, durch unsere unterschiedliche Art mit Stress umzugehen, nicht in negative Muster zu geraten, oder wenn wir doch hineingeraten, zu lernen, diese zu stoppen und durch positive Muster zu ersetzen.
Angst ist ansteckend. Wenn Eltern sich streiten oder großen Stress haben, leiden die Kinder mit, auch wenn keine lauten Wörtern fallen. Wenn dein Partner Angst hat, geht es dir auch schlechter. Zu sagen „Du sollst keine Angst haben!“ hilft dann nicht viel. Aufrechte Empathie zu haben, hilft schon.